Christine Casapicolas «Nächstes Jahr im Küstenland»

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Die Linzerin Christine Casapicola arbeitet in Wien und lebt teilweise auch in Cormons, in der Nähe von Gorizia (Görz) und Grado. Mit elegantem Spürsinn erforscht sie die fast vergessenen Geschichten aus diesem Teil der ehemaligen k.u.k Monarchie in Norditalien und trifft dabei - wohl nicht verwunderlich - bald auf den Jugendstilmaler und ehemaligen Grado Bewohner Josef Maria Auchentaller. Sie verfolgt seine Spur und landet dabei bei Erika Auchentaller-Marchina, der Enkelin des Künstlers, in Südtirol.

Was Egyd Gstättner in seinem Buch dramatisiert, in dichterischer Freiheit bis ins Fantastische erweitert und in einem faszinierenden Roman zusammen fasst: nämlich das einzigartige und unglaubliche Schicksal eines Josef Maria Auchentallers, bringt Christine Casapicola - als erfolgreiche Steuerberaterin an nüchterne Fakten sichtlich gewöhnt - durch das Narrativ von Erika Auchentaller auf einen Punkt: Auchentaller war zwar der einst berühmte Maler, aber seine Frau Emma war die Chefin des «Fortino»! Eines der erfolgreichsten Jungendstilhotels in Grado, ganz vorne am Meer. Im Fortino gingen bis 1914 die Größen des Jugendstils aus Wien ein und aus.

Ab 1920 fand der Maler Auchentaller aber keine Beachtung mehr. Seine Kunst war aus der Mode, sein künstlerischer Mittelpunkt, die Secession in Wien, Geschichte und das ehemalige große Österreich zerschlagen. Kunstgeschichte wurde in Berlin, Paris und London gemacht, sicherlich nicht in Wien und schon gar nicht in Grado. Grado hat die Karriere Auchentallers zerstört, ja beendet.

Viele der anderen Geschichten und Erzählungen in Casapicolas Buch schöpfen aus ähnlichen Perspektiven, entweder einer wandert aus oder einer siedelt sich an. Das Küstenland selber wird zum Katalysator, es beschleunigt oder verlangsamt Entwicklungen der handelten Personen ohne sich selbst wesentlich zu verändern.